Niederdeutsch
Wurzelwerk vom 25. – 28. Mai 2017 in Schleswig
Ein Volkstheaterfestival der Mundarten und Sprachen
Besonderes Flair und Inspirationskraft bescheinigte Simon Isser, Präsident des Bundes Deutscher Amateurtheater, dem Volkstheaterfestival WURZELWERK, das vom 25. bis 28. Mai 2017 unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Torsten Albig in Schleswig stattfand. Sieben Inszenierungen an vier Spielorten zeigten ein spannendes Spektrum verschiedener Stücke des Volkstheaters.
Dem Wunsch, durch die Kunst des Spiels und der Sprache, ein Ort für alle zu sein, sei man einen Schritt näher gekommen, darin waren sich der veranstaltende Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) sowie der Landesverband der Amateurtheater Schleswig-Holstein und die Schleswiger Speeldeel e.V. als Kooperationspartner einig.
In seiner Eröffnungsrede verwies Schleswigs Bürgermeister Dr. Arthur Christiansen auf die jahrhundertealte Tradition des Theaters in seiner Stadt. Theater sei nicht allein Sprache, sondern ein zu würdigendes Handwerk, so Christiansen. Dass die Mundart dieserorts noch verstanden und aktiv gelebt werde, sei auch ein Verdienst der ehrenamtlichen Theaterschaffenden, betonte Ulrich Brüggemann, Kreispräsident des Kreises Schleswig-Flensburg.
Lutz Schnoor, 1. Vorsitzender der gastgebenden Schleswiger Speeldeel e.V., freute sich nach seiner eigenen Festivalteilnahme 2015 auf die Fortsetzung eines spannenden Fachdialogs. Dr. Marcus O. Klein, Präsident des Landesverbandes der Amateurtheater Schleswig-Holstein, hob die Wichtigkeit des Volkstheaters hervor. Es handele sich um ein großes Erbe, das nicht allein gepflegt, sondern gemehrt und fortgesetzt werden müsse, „um möglichst allen Mensch in allen Regionen nahezukommen“.
Das Festival lieferte mit sieben amüsant-heiteren bis tränenreich-dramatischen Inszenierungen einen Einblick in die künstlerische Vielfalt des Volks- und Mundarttheaters auf den Amateurtheaterbühnen: Zum 500-jährigen Reformationsjubiläum beschäftigte sich die Schleswiger Speeldeel e.V. mit dem nordischen Bildhauer Hans Brüggemann, der Wahrheit und Wirklichkeit gegenüber der katholischen Kirche mit seinem darstellerischen Schaffen verteidigen möchte. Die Tragödie von Hans Ehrke wurde als krönender Abschluss vor dem historischen Brüggemann-Altar im Schleswiger Dom gespielt.
Auch Peppe Mairginter von der Pustertaler Theatergemeinschaft (Südtirol) verstand es, zum Nachdenken anzuregen. In seinem Monolog „Herr, ich hab dich nicht verraten“ stellte er eine zentrale Figur der christlichen Passionsgeschichte vor: Judas.
Das TIK – Theater in der Kneipe (Oberfranken) griff die Dramatisierung der seit dem Beginn der Neuzeit üblichen Passionsspiele auf und inszenierte einen Schlagabtausch aus Neid und Eifersüchtelei, der die eigentlich religiös-versöhnlichen Motive dieser Tradition zu vernichten drohte. Zudem gab es Aufführungen von den Jugendgruppen Junge Lüüd ut Löwenstedt (Schleswig-Holstein) und Kleene Schnute (Nordrhein-Westfalen), die mit „Dat Knööpspeel“ auf Plattdeutsch und Loriot-Klassikern in rheinischer Mundart ihre Zuschauer zum Lachen brachten.
Mit der Inszenierung „Spuren“ von Morgen Wird Schöner (Saarland) und „Die drei Eisbären“ vom Neuburger Volkstheater e.V. (Bayern) wurden zwei unterschiedliche Formate des heutigen Volkstheaters gegenüber gestellt. Das multinationale Ensemble aus dem Saarland thematisierte das Verschwinden der Freiheit in Zeiten des Terrors und ermöglichte einen Blick auf das Ankommen in einer anderen Welt aus der Perspektive von Menschen aus Syrien und Deutschland.
Das Neuburger Volkstheater zeigte mit einem Schwank eine klassische Form des Volkstheaters und lieferte eine mienenstarke und moderne Interpretation.
Umrahmt wurde das Festival mit Workshops für die teilnehmenden Gruppen und Diskussionsrunden zu den jeweiligen Stücken. Seinen Abschluss fand das Volkstheaterfestival WURZELWERK in einer Podiumsdiskussion zum Thema „Was bedeutet Volkstheater heute?“, moderiert vom Bildungsreferenten des BDAT Dominik Eichhorn.
Es wurde etwa die Frage diskutiert, ob Mundart per se Bestandteil des Volkstheaters sei oder ob die Begriffe Volkstheater und Mundarttheater separiert betrachtet werden sollten. Auch der Begriff Heimat war Bestandteil der Debatte. So formulierte Marianne Ehlers vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund: „Heimat ist Sprache – und Sprache ist Heimat.“ Eugen Georg, Leiter der multinationalen Theatergruppe Morgen Wird Schöner, beschrieb Heimat indes als ein Gefühl, nämlich jenes, „mit offenen Armen empfangen zu werden“.
Nach vier Tagen Volkstheaterfestival mit rund 95 Teilnehmenden und gut gefüllten Theatersälen zeigte sich der Sprecher des Bundesarbeitskreises Mundart und Sprachen, zufrieden: „Heimat ist da, wo ich bin – mal hier, mal dort“, sagte Josef Sedlmeier abschließend und freut sich bereits auf das nächste WURZELWERK Festival, dass 2019 stattfinden wird.
Das Festival wurde gefördert von: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein, Kulturstiftung des Kreises Schleswig-Flensburg, Wikingerstadt Schleswig, Nord-Ostsee Sparkasse, Schleswiger Stadtwerke, Die Saarland Spielbanken, Landesverband der Amateurtheater Schleswig-Holstein, Verband Saarländischer Amateur-Theater und Verband Bayerischer Amateurtheater e.V..
Kontakt: BDAT Berlin,
, Fon 030 2639859-0.
Weitere Informationen zum Festival stehen auf der Homepage unter www.bdat.info.
(Fotos: Frank Weymann)